„Niksen“: Warum Pausen für Hochsensible besonders wichtig sind

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Jacky Steinacher, Profilbild, Netzwerkmitglied
Ein Beitrag von Jacky Steinacher

(jst-db098) Wann hast du das letzte Mal nichts getan (holländisch: „Niksen“)? Ich muss zugeben, es fällt mir auch oft schwer, kurze freie Zeitfenster nicht «sinnvoll» nutzen zu wollen. Auch wenn ich als Coach die Bedeutung von Pausen, besonders für Hochsensible, kenne. Denn es gibt ja immer etwas zu tun. Und wenn nicht, ist das Handy schnell gezückt zur Ablenkung vor lästigen Gedanken. Aber warum fällt es uns so schwer, nichts zu tun?

Elektroschocks anstatt Langeweile?

Nun, unsere Leistungsgesellschaft verlangt Produktivität und Effizienz. Jede Minute soll sinnvoll genutzt werden. Wir definieren uns über die Arbeit, über unser Tun. Hashtag Quality Time, hashtag Selbstoptimierung. Wir haben dies so sehr verinnerlicht, dass es uns regelrecht unangenehm wird, wenn wir in einer völlig reizfreien Umgebung sind.

So unangenehm, dass viele sogar Elektroschocks bevorzugen: In einem Experiment (Wilson et al., 2014) mussten die Probanden eine Viertelstunde in einem reizfreien Raum verbringen. Diese Erfahrung empfanden sie als sehr unangenehm. Als in einer Wiederholung ein ungefährlicher, aber sehr unangenehmer Elektroschocker platziert wurde, haben sich 67% der Männer und 25% der Frauen bis zu vier Mal in dieser Zeit selbst geschockt! Ist das nicht schockierend?

Wir nehmen also lieber Schmerzen in Kauf, als Langeweile zu ertragen.

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Die Folgen, wenn wir Pausen vernachlässigen

Dieses Streben nach Impulsen, dieses Getriebensein kann aber auch gefährlich werden. Wir sind nicht gemacht, um Nonstop zu funktionieren. Es laugt aus. Es erschöpft. Bis nichts mehr geht und wir zum Nichtstun gezwungen sind (Burnout, Erschöpfungsdepression) und eine Therapie, eine Beratung oder ein Coaching nötig wird.

Bedeutung von Pausen für Hochsensible

Für uns Hochsensible ist es noch um einiges wichtiger, ab und zu eine reizfreie Umgebung zu schaffen. Denn unsere gröberen Filter lassen viel mehr Reize durch, weshalb unsere Sinne schneller überreizt sind als bei durchschnittlich Sensiblen. Als feingesinnter Mensch brauchst du mehr Pausen, denn dein Hirn arbeitet ständig und deine Wahrnehmung ist simultan beschäftigt. Wie bei einem Computer, der dauernd mehrere offene Programme hat. Da ist auch der Akku schneller leer…

Die Wirkung für Hochsensible

Durch das Nichtstun bewirken wir einen Stressabbau und der wirkt sich wiederum positiv auf deine Resilienz und deine gesamte Gesundheit aus. Und so hast du auch genug Zeit, um alle offenen Programme deines «Computers» wieder zu schließen.

Außerdem ist es enorm förderlich für die Kreativität (weshalb viele Menschen unter der Dusche die besten Ideen haben – denn da kann man nichts anderes tun – auch nicht am Handy daddeln!).

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Wie schaffst du es, nichts tu tun?

Wenn es dir schwerfällt, 5 bis 10 Minuten zu niksen, mache daraus eine Routine: Überlege dir, wann es am besten in deinen Tagesablauf passt. Morgens direkt nach dem Aufstehen, beim Kaffee trinken? Oder lieber abends nach der Arbeit auf dem Balkon? Beim Warten auf den Bus? In der Mittagspause? Nimm es dir fest vor und schreibe es anfangs in deinen Terminkalender oder mache dir eine Handyerinnerung.

Und sei geduldig mir dir, auch wenn es nicht sofort klappt. Eine neue Routine braucht im Durchschnitt 66 Tage, um sie zu etablieren! Aber es lohnt sich! Na dann, Happy Niksen!

Herzlich, Jacky

Jacky Steinacher, ganzheitlich psychologischer Coach IKP, Expertin für Hochsensibilität (IFHS), www.feingesinnt.ch, Netzwerkmitglied für 8308 Illnau (CH)


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3 Kommentare

  1. Hallo Sabrina,
    dein Artikel erinnert mich daran, wie hektisch unser Leben oft ist und wie wichtig es ist, zwischendurch zur Ruhe zu kommen. Vielleicht können wir alle etwas von „Niksen“ lernen. 🙂
    Liebe Grüße,

    Jennifer

  2. Liebe Sabrina

    Herzlichen Dank für deinen Kommentar. Ja auf jeden Fall ist eine Auszeit , sinnvoll, wertvoll und sogar notwendig. Aber wie du schreibst, leider in unserer Gesellschaft nicht angesehen. Wenn wir es wie du direkt von den Eltern so vorgelebt bekommen, wird ein Muster daraus, welches wir wieder „abtrainieren“ müssen. So toll, dass du das erkannt und gelernt hast! Es hilft nicht nur dir, sondern allen folgenden Generationen.

    Herzlich, Jacky

  3. *Nichts zu tun* ist etwas, was ich lernen musste, denn in meiner Familie war es wichtig immer beschäftigt zu sein. Wir sind nur etwas wert, wenn wir beschäftigt sind, dabei ist es nicht wichtig, was wir machen, wir machen einfach etwas. Pausen wurden gefüllt und wir haben meistens drei Dinge auf einmal getan, um Zeit zu sparen. Für das normale Zeitmanagement ist es vielleicht gut, doch am Ende habe ich mich erwischt, wie ich die Hände voll hatte, so voll, dass mir nachher alles runtergefallen ist. Vielleicht hätte ich nicht alles auf einmal machen sollen, doch irgendwie habe ich Angst etwas zu verpassen und verpasse so mich selbst. Das *Nichts tun* ist kein *Nichts tun* sondern eher ein *sich Zeit nehmen* für sich selbst, doch das habe ich lange nicht begriffen und immer wieder falle ich in das Muster, meine Zeit füllen zum müssen mit etwas „Sinnvollem*, doch ist sich eine Auszeit für sich selbst zu nehmen nicht auch *sinnvoll* und vor allem *wertvoll*?

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