Hochsensible Schüler, Mobbing und die digitale Welt

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(jvw-db187) Hochsensible Schüler werden seit den letzten Jahren verstärkt zu Mobbing-Opfern. Die digitale Welt spielt dabei eine tragende Rolle. Es ist mir ein Anliegen, über diese Entwicklung aufzuklären.

Juliane von Witten, Netzwerkmitglied
Ein Beitrag von Juliane von Witten

Feinfühlige zwischen 10 und 14 Jahren sind hier besonders gefährdet.

Immer häufiger ist eine deutliche Strategie zu beobachten. In meiner Praxis habe ich in den letzten zwei, drei Jahren verstärkt Mobbing-Fälle begleitet. Auffällig ist hier, dass sich in der Regel eine Person in der Klasse befindet, die den Ton angibt und alle haben sich hier zu fügen.

Dies ist primär unter den Mädchen zu finden: Es wird bestimmt, mit welchem Schüler man keinen Kontakt pflegen sollte und was man zu tun hat. Meist funktioniert dies für die Anführerin recht gut, alles läuft recht subtil ab.

Außenstehende bekommen dies praktisch erst einmal gar nicht mit.

Hier treten nun zwei Versionen bei den Hochsensiblen auf: Entweder sie verweigern das Mobben der speziellen Person, da sie dies als extrem unfair betrachten. Oder, sie fügen sich gezwungenermaßen der Anführerin unter und spielen ihre Rolle. Sobald sie es wagen, hier nicht zu folgen, sind sie plötzlich selbst eine ausgegrenzte Schülerin.

Dieses Mobbing breitet sich dann zusätzlich auch außerhalb der Schule im Freizeitbereich aus.

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Mobbing, verstärkt durch die digitale Welt

Hier kommt nun die digitale Welt hinzu: Primär über WhatsApp-Gruppen wird gemobbt, beschimpft, unterstellt, Behauptungen verdreht. Hier gibt es kein Entkommen.

Hochsensible Opfer reagieren deutlich mit Rückzug.

Sie suchen ihren Halt vermehrt über Instagram und TikTok. Sie verstricken sich in verschiedenen Gruppen, möchten so Freunde finden, bekämpfen ihre Einsamkeit, möchten ihren Selbstwert stärken.

So rutschen sie nach und nach in eine digitale Parallelwelt mit einem hohen Abhängigkeitspotential.

Der dauernde Medienkonsum wird besonders vor den Eltern vertuscht.

Eltern werden hellhörig, wenn Ängste, Schlafstörungen und/oder Aggressionen zunehmen. Der Übergang zu einer deutlichen Depression geht schleichend.

Spätestens wenn Äußerungen fallen, wie „es macht alles keinen Sinn mehr“ oder „am liebsten würde ich nicht mehr leben“, sollte dringend therapeutische Hilfe in Anspruch genommen werden!

Für Hochsensible ist es grundsätzlich wichtig, einen adäquaten Therapeuten oder Berater zu finden, der Hilfe gezielt für Hochsensibilität anbieten kann (siehe Therapeuten-Liste: www.hochsensibilitaet-netzwerk.com/therapeuten/).

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Mobbing: Wie kann ich meinem hochsensiblen Kind helfen?

Erst einmal verstehen, warum besonders hochsensible Schüler sehr viel schneller in eine Außenseiterposition geraten können.

Feinfühlige können sich oftmals bestimmte Bösartigkeiten eines Mitschülers gar nicht vorstellen, da sie selbst anderen solches nie antun würden. Sie spielen bestimmte Angriffe herunter und beruhigen sich damit, dass dies ganz sicher nicht so gemeint war.

Hochsensible besitzen zudem einen starken Gerechtigkeitssinn, sie hinterfragen vieles und gehen gedanklich sehr in die Tiefe.

Daher können sie oftmals seltsam oder gar arrogant auf andere wirken. Auch Gedankensätze wie, ich bin zu schüchtern, zu langweilig, zu unscheinbar, zu sensibel, zu dick usw. verstärken sich in der Pubertät noch.

So versuchen hochsensible Schüler erst recht irgendwie dazuzugehören, das heißt, sie fangen an, eine Rolle zu spielen, die ihrem Wesen in keiner Weise entspricht oder sie ziehen sich komplett zurück.

In beiden Fällen kann dies natürlich auch zu seelischen Störungen führen.

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Wichtig ist, den Kontakt und den Austausch zum Kind aufrecht zu erhalten und immer wieder ins Gespräch zu kommen:

  • Wahrnehmen, ob sich am Verhalten des Kindes etwas verändert.
  • Einen Family-Link digital nutzen.
  • Nachts digitale Geräte aus dem Zimmer entfernen.
  • Auch sollte das Handy nicht am Körper getragen werden. Gerade Hochsensible leiden oft verstärkt unter einer Elektro-Sensitivität.
  • Mit den Lehrern in gutem Austausch stehen.
  • Beobachten, ob das Kind echte Freunde hat.

Was kann ich tun, wenn ich an mein Kind nicht mehr herankomme und/oder das Kind durch die Situation sehr leidet und depressiv wird?

Scheuen Sie sich nicht, therapeutische Hilfe zu holen. Auch die liebevollsten und besten Eltern können hier an ihre Grenzen kommen: Das Netz ist tückischer als wir es uns vielmals vorstellen können. Die digitale Parallelwelt bei Jugendlichen allgemein kann bei bis zu 80 % täglich liegen. Gleichzeitig möchten wir natürlich unseren Kindern auch Vertrauen schenken und sie nicht ständig kontrollieren.

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Positive Aussichten für hochsensible Schüler

Aus meiner eigenen Praxis-Erfahrung kann ich sagen, dass die Aussichten wirklich sehr gut sind, wenn man ganz individuell auf das jeweilige Kind eingeht, die Eltern intensiv mit einbezieht und gemeinsam ein Konzept aufstellt.

Und so findet das hochsensible Kind wieder zu seiner Lebensfreude zurück – und kann seine ganz eigenen Gaben und Stärken endlich neu aufleben lassen!

Juliane von Witten, Heilpraktikerin für Psychotherapie, www.juliane-von-witten.de, Netzwerkmitglied für 34593 Knüllwald (D)


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