Hochsensibilität: Angeborene Gabe oder herbeigeführt?
(che-db059-b02) In letzter Zeit habe ich mich häufiger gefragt, ob Hochsensibilität nun wirklich eine angeborene Gabe ist oder ob Hochsensibilität auch „herbeigeführt“ bzw. erworben werden kann.
Mich beschäftigt seit langer Zeit die Frage, was den Unterschied zwischen „anders“ und „normal“ ausmacht und ob es nicht doch irgendwelche Gemeinsamkeiten gibt. Auf der Suche nach Antworten stieß ich im Internet auf die Meinung, dass Hochsensibilität auch – zum Beispiel durch ein Trauma oder spirituelle Praxis – erworben sein kann.
Ich fand diese Aussage sehr interessant. Gibt es auf diesem Gebiet natürlich noch wissenschaftlich zu wenig Ergebnisse, um die verschiedenen Thesen zu stützen. Aber mittlerweile denke ich, dass es auch nicht wichtig ist, alles wissenschaftlich erklären zu müssen.
Gibt es doch so viele Dinge, die sich unserem beschränkten menschlichen Verstand entziehen.
Von daher denke ich, dass jeder hier für sich seine eigenen Antworten finden kann.
Ich persönlich denke, dass sowohl das eine als auch das andere der Wahrheit entspricht. Die meisten hochsensiblen Menschen, bei denen dieser Wesenszug von Geburt an vorhanden ist, verbringen ihre anfängliche Lebenszeit damit, sich den anderen, „normalsensiblen“ Menschen, sprich den ca. 80% der Menschen, anzupassen. Sie spüren zwar, dass sie irgendwie „anders“ sind, verleugnen aber meist ihr wahres Wesen, um so zu sein, wie die anderen (beziehungsweise die Gesellschaft) es gerne hätten.
Irgendwann ist dann der Leidensdruck meist so groß, dass sie merken, dass irgendetwas nicht stimmt und es so nicht weitergehen kann.
Früher oder später machen sich diese Menschen auf die Suche nach Antworten und stoßen dann oft auf das Phänomen der Hochsensibilität. Dies ist meiner Meinung nach der erste Schritt, sich endlich wieder selbst finden zu können. So kann man sich und sein Wesen besser verstehen und akzeptieren, man fühlt sich endlich auch von anderen verstanden und nicht allein, weil da noch andere sind, die ähnlich ticken wie man selbst. Man bekommt wieder Lebensmut und entwickelt den Drang dazu, sich selbst besser kennen zu lernen und seinen Bedürfnissen entsprechend zu handeln und zu leben.
Die Hochsensibilität an sich wird auf eine Weise wahrscheinlich ein ganzes Leben lang eine Herausforderung bleiben, doch sie weist in gewisser Weise auch den Weg in ein gesundes Leben.
Schließlich kannst du, wenn du dich einmal selbst besser kennengelernt hast und weißt, wie du bist, deine äußeren Umstände an deine Wesensart und deine Bedürfnisse anpassen. So kannst du dir, nachdem du dich selber besser kennengelernt und in dir Ordnung geschaffen hast, auch im Äußeren für Veränderung sorgen und wächst sogar noch an diesen Herausforderungen, vor die dich diese Veränderungen deiner Lebenssituation stellen.
DES MENSCHEN WAHRER KERN
Auf der anderen Seite glaube ich mittlerweile, dass zwar viele Menschen nicht hochsensibel geboren werden, dass aber ihr wahrer Kern – also ihr Innerstes, wenn alles Anerzogene und Antrainierte wegfallen würde (manche nennen es Ego) – doch ein „(hoch)sensibler Kern“ ist. Bei einem Trauma – einem Unfall zum Beispiel – zeigt sich bei vielen, die zuvor hart und unerschütterlich wirkten, ihr innerstes, weiches, mitfühlendes und verletzliches Wesen. Eben das, was jeder meiner Meinung nach eigentlich von Natur aus ist: Ein Mensch voller Liebe, Dankbarkeit und Mitgefühl.
Diese nach außen „hart“ auftretenden Menschen haben meiner Meinung über die Jahre ein so starkes Schutzschild beziehungsweise Ego aufgebaut, dass sie auch den Kontakt zu ihrem wahren Selbst verloren haben.
Auffällig ist doch zum Beispiel, dass sich, egal ob hochsensibel oder normalsensibel, eigentlich alle Menschen zur Natur und ihrer Schönheit hingezogen fühlen.
Jeder Mensch fühlt sich in der Natur wohl und kommt in irgendeiner Form zur Ruhe. Genau so sieht es mit dem Verliebtsein aus. Wenn ein Mensch, der nach außen hin hart und unangreifbar wirkt, sich wirklich Hals über Kopf verliebt, so bröckelt auch seine Schale und damit sein Ego dahin und er erfreut sich seiner tiefen Gefühle: Das Empfinden von Glücksgefühlen in der Natur und der Sinn für Schönes verstärken sich sogar noch.
GEMEINSAMKEIT ALS ZIEL
So gesehen stehen meiner Meinung nach beide Arten von Menschen – auf einer Seite die, die von Geburt an hochsensibel sind, auf der anderen Seite die, die ihren Schutzschild über die Jahre aufgebaut haben – vor der gleichen Herausforderung. Diese besteht darin, wieder zu sich selbst und seinem wahren Wesen, seinem inneren Kern und seinem inneren Frieden, wenn man so will seiner eigenen Seele und Göttlichkeit wieder näher zu kommen.
Dies kann man durchaus als Lebensaufgabe verstehen. Somit zeigt dieses Beispiel nochmal, dass wir letztendlich alle eins sind. Jeder Mensch ist zwar anders, aber in seinem innersten doch auch irgendwie gleich.
Wir sind auf eine wundersame Art und Weise alle miteinander und mit allem was existiert verbunden.
Es ist ein Traum von mir, dass sich alle Menschen so annehmen können, wie sie sind und, dass jeder Mensch auch alle anderen so annehmen kann, wie sie sind. Wäre es nicht toll, wenn jeder Mensch sich auf die Suche nach diesem eigenen inneren Kern von sich selbst machen würde? Wenn sich die Menschen gegenseitig dabei helfen würden, diesen Kern zu finden? Dann hätten wir wahrscheinlich eine Welt, in der es mehr Frieden, Liebe und Gemeinschaft geben würde. Ich denke, dass jeder auf seine Art und in seinem Umfeld etwas zu diesem Traum beitragen kann. Unser Einfluss ist größer, als wir uns vorstellen können.
Also los, lasst uns mal frohen Mutes versuchen, die Welt gemeinsam ein kleines Stückchen besser zu machen!
Christopher Hensellek, www.hypersensibel.com, Autor von:
Christopher Hensellek
Metamorphose
Hochsensibel gesund leben.
ISBN 978-3-7431670-0-1
Dieses Thema beschäftigt mich in der letzten Zeit auch sehr, und ich bin für mich zu der Auffassung gelangt, dass zumindest bei einigen Menschen (wie vermutlich bei mir) die Hochsensibilität tatsächlich erworben ist – und ich habe dafür bei meiner Recherche im Internet auch eine plausible Erklärung gefunden: Wenn die grundlegenden Bedürfnisse eines kleinen Kindes nach Nähe und Aufmerksamkeit nicht erfüllt werden, weil die Bezugspersonen entweder nicht anwesend sind oder aus irgendwelchen Gründen diese Bedürfnisse nicht erfüllen können, dann stellt das für den Säugling einen lebensbedrohlichen Zustand dar. Aus diesem Grund „scannt“ dieses schutzlose Baby permanent seine Umgebung auf mögliche Gefahren – und entwickelt auf diese Weise eine extreme Form der Sensibilität, bei der alle Sinne geschärft sind. Auf diese Weise hängen (Entwicklungs-)Trauma und Hochsensibilität zusammen. Die Darstellung ist natürlich sehr verkürzt, aber zumindest für mich macht sie jede Menge Sinn.