Die hochsensible Mutter-Kind-Beziehung
(jsc-db058-b02) Eine viel zitierte Studie einer amerikanischen Saftmarke zum Thema Mutter-Kind-Beziehung lässt schlussfolgern, „Mutter sein“ sei so schwer wie 2,5 Vollzeitjobs. Eigentlich macht es aber keinen Sinn, das Mutter sein mit mehreren Jobs zu vergleichen. Denn sind wir einmal Mama, sind wir immer Mama. 24 Stunden, Tag und Nacht. Klar, wir machen auch mal etwas anderes. Auch mal etwas nur für uns. Hoffentlich! Trotzdem werden wir nicht plötzlich jemand anderes. Wir bleiben Mütter.
Mama sein ist etwas, dass man nicht einfach an- und ausstellen kann. Mama sein ist keine Jobbeschreibung. Keine Tätigkeit, die ich heute machen und morgen kündigen kann. „Mama sein“ beschreibt keinen Job, sondern eine Beziehung.
Das, was das Mama sein ausmacht, ist die einzigartige Beziehung zwischen mir und meinem Kind. Wir Menschen streben, wie die meisten Säugetiere, naturgemäß nach Verbindung zu anderen unserer Art. Wir wollen in Beziehung treten, in wohlgesinnten Austausch. Wir wollen sehen und gesehen werden. Wie Virginia Satir schon sagte: „Das größte Geschenk, das ich geben kann, ist, den anderen zu sehen, zu hören, zu verstehen und zu berühren. Wenn dies geschieht, entsteht Kontakt.“
Hochsensible Beziehungen
Wenn man Beziehungen an ihrer Wurzel betrachtet, geht es grundsätzlich um Angst und Stress, und um Sicherheit und Verbundenheit. Ein harmonischer Beziehungsmoment ist von Sicherheit und Verbundenheit geprägt. Wir haben Augenkontakt und schwingen auf einer Wellenlänge. Diese Wellenlänge lässt sich auch körperlich auf der Ebene des autonomen Nervensystems finden.
Wir hochsensiblen Mütter und unsere hochsensiblen Kinder werden besonders stark von unserem autonomen Nervensystem beeinflusst. Wir nehmen Signale des anderen besonders intensiv auf und senden selbst starke Signale aus. Fühle ich mich gerade sicher? Welche Botschaften schicke ich meinem Kind? Wie klingt meine Stimme? Bin ich gestresst? Habe ich Angst? Und andersherum: Welche Signale schickt mir mein Kind?
Beziehungs-Herausforderungen
1. ANGST
Ich möchte jetzt mal ganz wagemutig behaupten, dass die meisten Emotionen, insbesondere Wut und Ärger, von einer darunter liegenden Angst geprägt sind (auch Thomas Gordon hat in seiner Familienkonferenz so etwas behauptet). Besonders als hochsensible Mama eines hochsensiblen Kindes habe ich natürlich ständig Angst. Mein Nervensystem sucht ja besonders gründlich nach Anzeichen von Gefahr. Angst, dass mein Kind auf dem Glatteis ausrutscht, wenn es zu schnell mit dem Laufrad losfährt. Angst, dass es vom Stuhl fällt, wenn es so unruhig darauf herum klettert. Angst, dass es krank wird, wenn es so viele Süßigkeiten isst.
Was tue ich mit meiner Angst? Ich spreche sie aus. Ich sage: Kind, wenn ich das sehe, dann habe ich Angst. Wenn ich das höre, merke ich auch manchmal, dass die Angst vielleicht unbegründet ist. Und mein Kind versteht mich besser, als wenn ich sage „Hör auf mit dem Quatsch!“.
2. STRESS
Stress ist ein Ausnahmezustand des Körpers. Mein autonomes Nervensystem ist auf Kampf oder Flucht eingestellt. Irgendeine Gefahr ist (vermeintlich) eingetreten, Energie wird mobilisiert und irgendwo muss sie ja hin. Hochsensible Eltern neigen zu plötzlichen Gefühlsausbrüchen. Eben noch alles still ertragen – plötzlich wird lautstark gemeckert. Es kann eben schnell alles zu viel werden.
Für uns hochsensible Mütter ist Stress oft das Ergebnis einer Reizüberflutung. Mama sein ist auch oft chaotisch. Und natürlich macht das Kind Chaos. Soll es ja auch dürfen. Wenn man aber probiert, Wäsche aufzuhängen, den Geschirrspüler auszuräumen, die Einkaufsliste zu schreiben und dann Abendessen zu planen und das Kind derweil aus den Katzenkratzbrettern, Stühlen, Hockern, Spielzeugautos und allen verfügbaren Decken selbst ernannte „Barrikaden“ baut, dann führt das eben zur Reizüberflutung.
Was tue ich mit meinem Stress? Energie rauslassen. Auf möglichst sichere Art und Weise. Sport machen. Yoga machen. Wenn ich gestresst bin, sagt sogar mein 4-jähriger oft „Mama, mach mal dein Zappeln.“ Eine Übung, wo ich einfach wild Arme und Beine, Hände und Füße ausschüttele, und mit meiner Atmung verbinde, um mein Nervensystem zu beruhigen.
Beziehungs-Freuden
1. SICHERHEIT
Sicherheit ist die Grundlage für eine gute Mutter-Kind-Beziehung. Erst wenn wir uns sicher fühlen, können wir miteinander in Verbindung treten. Wenn wir unsicher sind, wird schnell der Kampf- oder Fluchtmodus aktiviert. Dann geht es ums Überleben und nicht um Verbindung. Mein Kind fühlt sich sicher und geborgen, wenn ich einen sicheren Raum für ihn schaffe. Damit meine ich nicht (nur) die Steckdosensicherung und alle Messer und Scheren gut zu verstauen. Es geht darum, Sicherheit auszustrahlen. Mein Nervensystem schickt meinem Kind Signale, dass es bei mir hier sicher ist. Dass ihm keine Gefahr droht. Für ein hochsensibles Kind ist das besonders wichtig, denn es wittert naturgemäß überall Gefahr.
Wie vermittle ich Sicherheit? Ich fühle mich selbst sicher. Meine Atmung ist ruhig und tief. Ich bin im Hier und Jetzt. Ich bin offen und in Kontakt. Ich begebe mich auf die Ebene meines Kindes. Auf Augenhöhe. Ich blicke es direkt und freundlich an. Meine Stimme ist melodisch. Ich fühle mich aufnahmefähig.
2. VERBUNDENHEIT
Wenn ich mich sicher fühle und diese Sicherheit ausstrahlen kann, dann kann ich zu meinem Kind in Verbindung treten. Mein Kind wird mich ebenfalls ansehen, melodisch sprechen, unsere Nervensysteme schwingen im Gleichklang. Der US-amerikanische Neurowissenschaftler Stephen Porges beschreibt Verbundenheit als biologische Notwendigkeit. Der dauerhafte Mangel an sozialer Verbundenheit führt – auf der Ebene des autonomen Nervensystems, aber auch psychologisch – zu Trauma oder Depression. Als hochsensible Mama mit hochsensiblem Kind haben wir die Chance eine besonders intensive Verbundenheit zu erleben. Wir wissen um die gemeinsame Besonderheit, wir haben etwas, das uns verbindet.
Diese Verbundenheit können wir auch körperlich ausleben. Umarmungen sind (nicht nur) für Kinder unglaublich wichtig und nährend. Auch Kinder, die schlagen, beißen oder auf den ersten Blick offenbar aggressiv wirken, können im Grunde nur nach einem körperlichen Weg suchen, ihr aufgewühltes Nervensystem zu beruhigen.
Mama sein ist schön
Unsere Kinder entwickeln ihre Beziehungsfähigkeit durch die ersten Beziehungserfahrungen, die sie mit uns Eltern machen. Ihre Beziehungsfähigkeit ist unheimlich wichtig für ihr gesamtes Leben. Um gut in Beziehung treten zu können mit meinem Kind, muss ich dafür sorgen, dass es mir selbst gut geht. Selbstfürsorge ist also besonders für hochsensible Mamas ein ganz wichtiges Thema.
Erst wenn ich mich selbst sicher und geborgen fühle, kann ich auch für mein Kind für Sicherheit sorgen.
Und wenn wir beide in Sicherheit sind, können wir unsere gemeinsame ganz besondere Verbindung genießen.
Johanna Schön, Psychotherapeutische Heilpraktikerin, Familiencoach und Fachberaterin für Hochsensibilität, www.schoen-und-sicher.com
Ja, ich habe die Bestätigung der Hochsensibilitaet letztendlich auch von einer Chefaerztin in einer Klinik bekommen… Obwohl auch gern allein, hab ich auch Sehnsucht nach Dazugehoerigkeit und suche auf diesem Weg Austausch!