Wie kann ich ein Trauma von Hochsensibilität unterscheiden?

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(squ-db006-b02) Eine These, die zurzeit im Internet grassiert, besagt, die Hochsensibilität sei immer auf ein Trauma zurückzuführen ist. Einige meiner Seminarteilnehmer sind dadurch sehr verunsichert und suchen nach einem Trauma, wo eventuell gar keins ist. In über 200 Seminaren zur Hochsensibilität wiederholte sich die grundlegende Teilnehmerstruktur immer wieder. Ein Teil der Teilnehmer sind Hochsensible, die einfach Interesse daran haben mehr über sich zu erfahren (auch eine typische Eigenschaft der Hochsensiblen). Außerdem möchten Sie einige Dinge in ihrem Leben optimieren. Sie sind mit ihrem Leben und ihrem Sein generell zu frieden.

Sandra Quedenbaum
Ein Beitrag von Sandra Quedenbaum

Ein Teil hat Schwierigkeiten mit einigen Herausforderungen, die die Hochsensibilität bietet, führen aber generell ein befriedigendes, glückliches Leben.

Sie leben in festen Beziehungen und haben nicht mehr Konflikte als andere Menschen. Mit entsprechendem Wissen und „Handwerkszeug“ können sie die durch die Hochsensibilität bedingten Herausforderungen gut meistern.

Und ein anderer Teil leidet sehr stark unter der Hochsensibilität.

Bei diesen Menschen ist eine Traumatisierung sehr wahrscheinlich. In dieser Gruppe finden sich Hochsensible und Normalsensible, die Ihre Trauma-Auswirkungen fälschlich als Auswirkungen ihrer Hochsensibilität interpretieren oder von anderen diese Interpretation erhalten haben. Sie leiden unter Konflikten im beruflichen und/oder privaten Bereich. Sie führen Beziehungen die ihnen nicht guttun oder haben Schwierigkeiten Beziehungen einzugehen. Panikattacken, Depressionen, Zwänge, permanente Angstzustände oder dissoziative Zustände entstehen nicht durch die Hochsensibilität, sondern aus Erfahrungen, die wir in unserem Leben gemacht haben. Im Folgenden zeige ich auf, wie man die „reine“ Hochsensibilität, ein Trauma und eine Traumatisierung mit Hochsensibilität unterscheiden kann.

Die zwei Arten von Hochsensibilität

1. Die eine ist genetisch bedingt und angeboren.

Das ist die „echte Hochsensibilität“. Diese ist nicht ablegbar genau wie die Augenfarbe. Sie zeichnet sich aus durch eine sehr intensive Sinnesverarbeitung, ein hohes Maß an Empathiefähigkeit und ein großes soziales, ethisches und ökologisches Bewusstsein.

2. Die zweite entsteht durch Traumatisierung.

Die erhöhte Sinneswahrnehmung und auch der Hang zur Überreizung gehen zurück, wenn das Trauma verarbeitet ist.

Wie kann ich ein Trauma von Hochsensibilität unterscheiden? Grafik Übererregung-Untererregung

Das Modell des Stresstoleranzfensters erklärt die Zusammenhänge: Jeder Mensch hat eine emotionale Komfortzone. Wie groß diese Komfortzone ist, hängt zu einem großen Teil von unserer Fähigkeit der Selbstregulation ab. Also davon, wie gut wir mit Über- oder Unterstimulation umgehen können.

Schaffen wir es nicht, uns bei Überstimulation zu regulieren, läuft unsere Hormonproduktion auf Hochtouren und unser Körper reagiert mit Flucht oder Kampfimpulsen.

Beispiel: Wenn ich im Winter dick angezogen in ein Kaufhaus gehe, wird es mir sehr schnell unerträglich warm. Einfach die dicken Sachen ausziehen, ist nicht immer möglich, wenn ich schon einiges an Taschen trage. Ich fange an zu schwitzen, es fängt überall an zu jucken und meine Kleidung fühlt sich tonnenschwer an. Da ich in diesem Geschäft unbedingt etwas besorgen will, bleibt mir im Moment nur, die Situation auszuhalten. Ich habe also subjektiv nicht die Möglichkeit mein Unbehagen zu regulieren. Es dauert keine 5 Minuten und meine Adrenalinproduktion ist in Gang gesetzt. Da ich mir die Flucht verwehrt habe, komme ich in den Kampfimpuls. Besser, wenn man mir dann nicht in die Quere kommt. In diesem Moment ist meine Komfortzone überschritten und ich rase in die Übererregung. Komme ich dann wieder in angenehmere Gefilde dauert es ungefähr 5 Minuten, und ich habe mich akklimatisiert. Nach meiner Erfahrung benötigt ein traumatisierter Mensch wesentlich länger um sich zu beruhigen.

Hochsensible haben genetisch bedingt ein schmaleres Stresstoleranzfenster, damit sie schneller auf Reize reagieren können.

Dies dient zur Erhaltung der Art und findet sich auch bei allen höheren Säugetieren. Auch bei Ihnen sind, wie beim Menschen, ca. 20 Prozent hochsensibel. Auch traumatisierte Menschen haben ein schmaleres Stresstoleranzfenster und gelangen leicht in die Über- oder Untererregung. Gleichzeitig gibt es große Unterschiede zwischen „reinen“ Hochsensiblen und traumatisierten Menschen. Selbstverständlich kann auch ein hochsensibler Mensch traumatisiert sein. In vielen Fällen ist das so. Dazu später mehr.

Es ist immens wichtig als Therapeut beides unterscheiden zu können, da der (reine) Hochsensible und der traumatisierte Mensch ein anderes therapeutisches Vorgehen benötigen.

Hier kann Unwissenheit viel Schaden anrichten. Ich beschäftige mich mit der Hochsensibilität seit 2002. Damals habe ich meine erste Trauma-Ausbildung gemacht. Seitdem habe ich mich sehr intensiv mit Trauma und Hochsensibilität auseinandergesetzt. Folgende Unterschiede resultieren aus meinen Beobachtungen und Erfahrungen:

 

Traumatisierte Menschen:

 

Hochsensible Menschen:

• sind oftmals permanent in Bewegung. Zur Ruhe zu kommen, ist für sie ein unangenehmer Zustand. Häufig werden sie im Urlaub krank, weil der Organismus von der Übererregung in die Untererregung rauscht. • suchen die Ruhe. Sie brauchen Zeit, gerne auch allein, ohne Input. Diese Zeiten genießen sie. Wenn sie diese Zeiten nicht bekommen, fühlen sie sich unbehaglich. Durch „Auszeiten“ kommen sie wieder in ihre Kraft.
• leiden häufig an Schlaflosigkeit. • sind eher Viel-Schläfer.
• wirken generell eher nervös oder (an-)teilnahmslos. • sind generell eher ruhig, aber emotional präsent.
• neigen dazu misstrauisch zu sein. • suchen eher die Verbindung und das Positive.
• haben in vielen Fällen Erinnerungslücken. Manche können sich fast gar nicht an ihre Kindheit erinnern. • haben in der Regel ein sehr gutes Erlebnisgedächtnis mit vielen Erinnerungen an sehr frühe Lebensjahre.
• haben eher eine egozentrische Empathie, die scannt, ob Gefahr droht. Hält andere eher auf Distanz. • haben „echte“ Empathie, durch die sich andere gesehen und verstanden fühlen.
• haben oft wenig bis gar kein Körpergefühl. Sie können Körperempfindungen nur schwer wahrnehmen und benennen. • haben ein extrem gutes Körpergefühl. Sie haben ein ausgeprägtes körperliches Frühwarnsystem. Hochsensible Frauen können oft ihren Eisprung spüren und viele schildern, dass sie den Zeitpunkt der Eiverschmelzung gespürt haben und wussten, dass sie nun schwanger sind. Sie nehmen sehr differenziert Empfindungen wahr und können diese auch benennen.
• neigen zur Selbstmedikation zur Beruhigung; zum Beispiel durch Alkohol oder Medikamente. • tendieren eher dazu, sogar ärztlich verschriebene Medikamente nicht zu nehmen und trinken häufig gar keinen oder nur wenig Alkohol.
• sind bei Wutausbrüchen auch verbal vernichtend. • gehen in Ihrer Wut eher in die Abgrenzung nach dem Motto „Lass mich in Ruhe!“, ohne bösartig zu beschimpfen.
• verlieren sich in Tagträumen. • sind in der Regel eher bodenständig und realistisch.
• fühlen sich häufig allein (zum Teil auch in Gesellschaft) mit einem Gefühl der Einsamkeit. • sind gerne allein, weil sie dann besser zu sich kommen.
• sind, wenn eine entsprechende Neigung besteht, eher esoterisch „abgehoben“. • sind, bei entsprechender Neigung, eher spirituell mit dem Leben verbunden.
• haben das Gefühl der Sinnlosigkeit. • glauben an einen tieferen Sinn.
• haben Schwierigkeiten Bindungen einzugehen. • lieben tiefe Verbindungen in Freundschaft und Partnerschaft.
• halten starke positive Gefühle schwer aus. • kosten starke positive Gefühle voll aus. Sie können zum Beispiel in Musik, Kunst oder schöner Natur voll aufgehen.
• nehmen ihr “Bauchgefühl“ nicht wahr. • nehmen ihr Bauchgefühl wahr, aber leider nicht immer ernst.
• empfinden die verstärkte Sinneswahrnehmung eher in Form unangenehmer Sinnesreize. • empfinden negative wie positive Sinnesreize sehr intensiv.
• nehmen den Begriff Hochsensibilität eher als Schutzschild und identifizieren sich überstark damit (gerade diejenigen, die „nur“ traumatisiert sind und eigentlich nicht hochsensibel). • nehmen den Begriff der Hochsensibilität eher als Krücke, die unterstützt, aber nicht vor sich hergetragen wird.
• nehmen eigene und die Grenzen anderer nur schwer wahr und merken nicht, dass sie die Grenzen anderer überschreiten. • haben ein sehr feines Grenzempfinden. Achten sehr darauf die Grenzen anderer zu wahren. Sie haben gleichzeitig oft Schwierigkeiten, die eigenen Grenzen zu vertreten.
• fühlen sich eher „falsch“. • fühlen sich eher „anders“.

Das waren nur einige der Merkmale, woran man Hochsensibilität und Trauma unterscheiden kann. In den Situationen, in denen die Komfortzone verlassen wird, sind die Reaktionen identisch.

Hochsensible, mit fester Bindung und guter Selbstregulierung erreichen jedoch relativ schnell wieder ihr Toleranzfenster, wenn sie auf ihre Körperwahrnehmung achten und entsprechend handeln.

Traumatisierte Menschen fühlen sich in Überreizungssituationen völlig ausgeliefert und neigen dazu emotional zu „explodieren“ oder zu „implodieren“ (zu kollabieren).

Menschen, die traumatisiert und hochsensibel sind, zeigen in der Regel auch weiterhin ein hohes Maß an Empathiefähigkeit sowie sozialem-, ethischem- und ökologischem Bewusstsein und natürlich die vielen weiteren Merkmale, die die Hochsensibilität aufweist. Nach meiner Erfahrung neigen sie eher zum Kollabieren.

Was genau ist ein Trauma? Es gibt verschiedene Arten von Trauma. Auf zwei gehe ich hier näher ein.

2 Arten von Traumata

1. Das Schocktrauma

Wie kann ich ein Trauma von Hochsensibilität unterscheiden? Grafik Übererregung-Untererregungist das allgemein geläufige Trauma. Hier gab es eine einmalige Situation, zum Beispiel einen Unfall als Auslöser. Die Negativerfahrung ist im Gehirn gespeichert. Unser Organismus möchte uns nun vor weiteren Erfahrungen dieser Art schützen und geht hormonell auf „Hab-Acht-Stellung“. Die Folge ist eine innere Wachheit, die sich häufig in Unruhe und Anspannung, und eine erhöhte Reaktion auf Sinnesreize zeigt. Gibt es dann später einen Reiz, der an diese Situation erinnert (Trigger), werden wir emotional aus dem Stresstoleranzfenster geschleudert und reagieren mit heftigen Angriff/Flucht-Reaktionen (Der Sympathikus wird aktiviert. Das Stresstoleranzfenster wird überschritten) oder wir kollabieren (Der Parasympathikus wird aktiviert, wir gehen nervlich unter das Stresstoleranzfenster).

Nach der Verarbeitung des Traumas gehen die Betroffenen wieder auf ihr ursprüngliches Erregungs- und Sinneswahrnehmungsniveau zurück.

2. Das Entwicklungstrauma oder auch Komplextrauma

Hier ist der Betroffene wiederholt durch toxischen Stress überfordert. Das Vorderhirn und der Hippocampus schalten sich ab und wir reagieren instinktiv mit archaischen Verteidigungsreaktionen. Das Entwicklungstrauma konkretisiert eigentlich den Begriff des Komplextraumas, da es sich speziell auf unsere Erfahrungen im frühen Kindesalter bezieht.

  • Wie werden wir erzogen?
  • Was prägt uns in dieser Zeit?
  • Wie ist die Bindung zu den Bezugspersonen?

Gerade wenn wir im ersten Lebensjahr mit ständigen negativen Erfahrungen aufwachsen, erleben wir das als toxischen Stress. Dieser Stress hat in der Regel ein Entwicklungstrauma zur Folge. Toxischer Stress kann entstehen durch:

  • Gewalterfahrungen, psychischer und physischer Art.
  • Überbehütung
  • Erziehung zur Angst (die Welt da draußen ist schlecht, nur hier bist du sicher)
  • Zwanghaftes Umfeld
  • Sehr rigide Erziehung
  • Verwahrlosung
  • Permanente Grenzüberschreitung
  • Fehlendes Spiegeln der kindlichen Wahrnehmung und der kindlichen Gefühle
  • Keine Unterstützung der Stressregulation durch die Eltern (z.B. das Baby schreien lassen)
  • Fehlender Kontakt – körperlich und emotional. Viele Menschen können sich nicht mehr angemessen mit ihrem Kind beschäftigen. Ihnen fehlen selbst die entsprechenden Erfahrungen.

Erziehung ist ein Abbild aus unseren Erfahrungen und Möglichkeiten.

Unsere Erziehung ist immer noch geprägt aus den Vorstellungen des dritten Reiches. Babys sollte man schreien lassen, damit sie lernen sich selbst zu regulieren und den Eltern nicht auf der Nase rumtanzen. Die damals propagierte Erziehung war eine Anleitung zur Bindungsunterbrechung und damit zur frühkindlichen Traumatisierung.

Leider halten sich einige extrem schädigende Ehrziehungsvorstellungen bis heute noch hartnäckig. Eltern, die Ihre Kinder wie oben genannt behandeln, tun das nicht, weil ihnen ihre Kinder egal sind. Sie selbst sind geprägt von ihrer eigenen Geschichte, ihren Bindungserfahrungen und ihrem Wissen. Viele sind selbst traumatisiert. Jeder erzieht nach seinen Möglichkeiten. Bei einigen sind diese Möglichkeiten einfach begrenzt.

Das kann ein tröstender Gedanke sein. Das Handeln meiner Eltern ging nicht gegen mich, sie konnten es nicht besser.

Und auch wenn man selbst erzieht, kann dieser Gedanke entlastend sein. Die meisten Hochsensiblen wollen gerne alles richtigmachen. „Fehler“ in der Erziehung machen ihnen oft sehr zu schaffen. Auch das Kind braucht Erfahrungen, an denen es wachsen kann. Es ist wichtig zu erleben, dass die Eltern nicht unfehlbar sind. So kann es die eigene Unfehlbarkeit besser annehmen. Ist ein Elternteil traumatisiert, wird das Trauma häufig an das Kind weitergegeben. Um das zu verhindern, ist es meines Erachtens wichtig das Trauma zu bearbeiten.

Wo sehen sie sich nach diesem Text? Hochsensibel, traumatisiert oder beides? Geht die Tendenz in Richtung Trauma?

Ein Trauma ohne Unterstützung aufzulösen, ist kaum möglich. Hier braucht es kompetente Unterstützung; für ein zufriedenes, glückliches Leben. Leider ist gerade das Annehmen von Hilfe für viele traumatisierte Menschen sehr schwer.

Hochsensibilität und Trauma zusammengefasst:

  • Es gibt Hochsensible, „nur“ traumatisierte und hochsensible, traumatisierte Menschen.
  • Leiden sie sehr stark unter der Hochsensibilität, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie traumatisiert sind groß.
  • Viele Hochsensible sind „nur“ traumatisiert. Sie sind durch das Trauma übersensibilisiert, aber nicht hochsensibel im eigentlichen Sinne.
  • Man unterscheidet zwischen Schock- und Entwicklungstrauma.
  • Um Traumatisierungen aufzulösen, braucht es kompetente therapeutische Unterstützung.

Ich wünsche Ihnen alles, was sie für ein befriedigendes und glückliches Leben brauchen. Es ist nicht immer einfach, aber es ist machbar. Gönnen Sie sich Zeit.

Sandra Quedenbaum, Netzwerkmitglied für 31020 Osterwald/Salzhemmendorf (D), Sozialpädagogin, NLP-Lehrtrainerin und Traumatherapeutin, www.loesungs-coaching.de


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9 Kommentare

  1. Ich finde den Artikel sehr aufschlussreich, empfinde aber die Formulierung „nur“ traumatisiert (auch wenn es bewusst in Anführungszeichen steht) sehr verletzend. Es ist nicht „nur“ ein Trauma, sondern es ist ein Trauma. Und das ist für die Betroffenen eine massive Einschneidung im Leben, die man nicht durch ein „nur“ abtun kann. Der Artikel suggeriert durch diese Formulierung, dass Traumatisierte sich mal nicht so anstellen sollen, immerhin war es bei ihnen ja nicht immer so. Dann macht man halt eine Therapie und dann ist es wieder gut. Die wahre Bürde wäre es, zu lernen, mit Hochsensibilität umzugehen, da das ja immer bleibt. Man liest klar heraus, welches Gebiet die Autorin mehr fasziniert.

  2. Vielen Dank,
    für diesen sehr aufschlussreichen Text. Traumatisierte, die mit ihrer Hochsensibilität sehr leidet!
    Liebe Grüße
    Ayhan Duran

  3. Das ist ein sehr aufschlussreicher Text. Mich erinnert das Verhalten von Hochsensiblen Menschen mit Trauma an das Verhalten von Menschen mit ADHS, wie kann man diese Personengruppen unterscheiden. Woher weiß ich ob es ADHS ist oder Hochsensibilität mit Trauma?

    1. Herzlichen Dank, das kannst du unterscheiden lernen, wenn du dich mit dem Thema Trauma (nach meinem Verständnis ist ADHS in der Regel eine Traumafolge) und auch der Hochsensibilität intensiv auseinandersetzt. Es gibt ein paar Ähnlichkeiten und gleichzeitig ist da noch soviel mehr, was die Hochsensibilität ausmacht. Es kann schwierig sein zu unterscheiden, weil beides gleichzeitig auftreten kann und es gibt viele Kriterien, die bei der Unterscheidung helfen. Hier findest du einen kleinen Überblick. https://youtu.be/oOVKF6b1fcA
      Es gibt aber noch viel tiefgreifendere Unterscheidungsmerkmale, dafür braucht es aber komplexeres Wissen, das würde hier den Rahmen sprengen.

  4. Ich bin selbst hoch empfindsam und empathisch, zudem im kognitiven Bereich hochbegabt und im sprachlich-künstlerischem.
    Es ist eine Art Gabe oder Veranlagung, ’so‘ zu sein und jeder Tag kann wahnsinnig schön sein oder auch wahnsinnig enttäuschend.
    Das reiche Gefühlsleben von uns Sensibelchen ist jedoch grundsätzlich auf ‚Verbindung‘ mit anderen Menschen ausgelegt, würde ich sagen. Es ist wie eine ganz tiefe Intuition, die wir leben und das äußert sich auch in Körperfühligkeit. Kummer und Sorgen können daher richtig krank machen.
    Ich schätze, unsereins ist der natürlichen Evolution noch am nächsten und somit quasi eine Art ‚alter Mensch‘ im Sinne von ‚im Wald leben‘ (in der Natur benötigten wir Menschen ja ganz feine Antennen zum Überleben!)
    Zum Thema ‚Schreien lassen von Kindern‘ möchte ich noch etwas ergänzen: Frühchen sind hier oft ein Sonderfall, denn sie schreien sehr oft wegen der Reizüberflutung und können von sich aus oft schwer eine Urbindung zu den Eltern aufbauen, nicht umgekehrt. Leider noch nicht so gut erforscht.
    Danke für diesen tollen Artikel! Sehr sehr gut erklärt!!!!

  5. Ich finde diesen Artikel sehr gut, aufschlussreich und nicht so verwirrend!
    Als ich das erste Mal vonmeiner Supervisorin von Hochsensibilität hörte, dachte ich noch, sie meinte bestimmt: „Hypervigilanz.“ Denn auch ich hatte in meinem Leben auch traumatisierende Ereignisse erlebt, habe wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung lange Therapie gemacht und dachte dann sowas wie: Jetzt sind natürlich alle traumatisierten auch noch hochsensibel und umgekehrt…
    Es berührte mich aber trotzdem irgendwie sehr tief und ich begann, mich sehr ausführlich mit der Hochsensibilität zu beschäftigen, auch damit, dass man durchaus eine Hochsensibilität mit Traumafolgestörungen wie der Hypervigilanz verwechseln kann. Aber natürlich kann es auch hochsensible, traumatisierte Menschen geben, die eben beides sind. Ein Trauma und seine Folgestörungen sind allerdings nichts, was man unbedingt behalten möchte!
    Ich habe mein Trauma, so denke ich, gut verarbeitet und auch in der Traumatherapie sprach meine Traumatherapeutin des öfteren von meinem „Naturelle“, was nun eben einfach so sei und was ich einfach lernen sollte, anzunehmen, denn, dieses Naturelle dürfe nicht, auf gar keinen Fall,
    verloren gehen.
    Ich finde, sie haben schön die Unterschiede herausdifferenziert, so hatte man eine Checkliste für sich, um festzustellen, ob das, was einen dauernd begleitet, zur Hochsensibilität gehört und was zum Trauma. Auch konnte man, wie ich persönlich fand, schön dabei feststellen, was von dieser Auflistung auf einen selbst zutrifft und was nicht. Mir ging es jedenfalls so.
    Auch ich habe diese Neigung, in vielen Dingen einen tieferen Sinn zu sehen, sowohl in positiven Dingen, als auch in negativen Dingen. Auch kann ich mittlerweile dem, was so traumatisch für mich war, einen tieferen Sinn entnehmen und das ist gut. Mein ganz persönlicher tieferer Sinn ist, in meinem Beruf das, was mir selbst sehr geholfen hat, an andere, die ähnliche traumatische Erfahrungen machen mussten, weiterzugeben. Egal, ob diese anderen jetzt auch noch hochsensibel sind oder nicht.
    Ganz viel Erfolg mit Ihrem Buch!

  6. Ein SEHR guter Artikel, der komplexe Themen leicht verständlich darstellt.

    Einziger Störfaktor:
    „Viele Hochsensible sind „nur“ traumatisiert. Sie sind durch das Trauma übersensibilisiert, aber nicht hochsensibel im eigentlichen Sinne.“

    Hier muss man korrekterweise von Hypervigilanz sprechen. Sie ist der HS nur in den Reaktionen ähnlich, aber das sind ganz klar KEINE „nur“ traumatisierten Hochsensiblen.
    Ich hielte es für sinnvoll, diesen Aspekt für das Buch noch zu korrigieren.

    Viel Erfolg mit dem Buch!

    1. Da stimme ich zu. Darüber hinaus finde ich den Artikel sehr klar formuliert und informativ. Ich bin hochsensibel und von Geburt an stark melancholisch veranlagt, wie meine Oma zu sagen pflegte. Ach keine konfliktfreie Kombination.
      Viel Erfolg der Autorin.

  7. Das ist eine sehr hilfreiche und klare Gegenüberstellung von Träume undHochsensibilitaet. Damit wird Ihr Buch Vielen bei der Klärung “ Was ist das hier bei mir?“ helfen können.
    Dankeschön.
    Ich verstehe in Nachhinein, dass mir die Therapie (inneres Kind) dennoch sehr geholfen hat. Meine Therapeutin suchte 2000- 2002 auch nach Traumata (was bei der Familiengeschichte naheliegend schien).
    Es schien keine gegeben zu haben.
    Heute weiß ich:
    Es war und ist Hochsensibilität.
    Diese hat aus meiner Sicht mir geholfen,
    die Familienkonstellation zu erfühlen und zu verstehen, dass mein ureigensten Ich heil und gesund war und so konnte ich helfend damit umgehen, woran ich würde.
    Damit sah und sehe ich die HS
    Zutiefst dankbar und demütig als Gabe.

    Wir kamen zu dem Ergebnis, dass alles ’normal‘ sei und ich ’nur‘ tiefer, mehr und anders erlebe und mich hochempathisch verhalte.
    Das fand fand ich ja eigentlich okay für mich, es befremdete mich aber stark, dass das Umfeld darauf oft mir unverständlich reagierte.
    Es strenge mich an.
    Ich nahm dass dann als ihre und meine Grenzen, konnte aber bei mir bleiben.

    Für mein berufliches Wirken war danach noch einmal Arnold
    „Seit wann haben Sie das?“ ein Meilenstein…
    Danke für diesen Beitrag,
    einen herzlichen Gruß aus Potsdam
    und alle guten Wünsche für Ihr wertvolles Tun.
    Gudrun Krüger

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