Fragebogen für Hochsensibilität von Véronique de Gucht

Neuer Fragebogen für Hochsensibilität von Véronique de Gucht, Beitragsbild

(msc-db189) Vor kurzem hat ein Forschungsteam aus den Niederlanden und Belgien um Véronique de Gucht einen neuen Fragebogen zur Erfassung von Hochsensibilität entwickelt. Dieser Fragebogen ist mit 43 Fragen viel umfangreicher als der ursprüngliche Fragebogen von Elane Aron. Er unterscheidet zwischen sechs Bereichen der Hochsensibilität, die ich hier genauer vorstellen will.

Margrit Schreier, Netzwerkmitglied
Ein Beitrag von Magrit Schreier

Warum ein neuer Fragebogen?

Wenn Menschen wissen möchten, ob sie hochsensibel sind, greifen sie meist zu dem Fragebogen von Elaine Aron aus dem Jahr 1997. Diesen Fragebogen sieht aber auch Elaine Aron selbst inzwischen kritisch. Denn dort stehen vor allem die ‚negativen‘ Seiten von Hochsensibilität im Vordergrund.

Außerdem sind manche Fragen ungünstig formuliert und genügen nicht immer den Anforderungen an psychologische Fragebögen.

Die sechs Bereiche der Hochsensibilität

Véronique de Gucht und ihr Team haben den neuen Fragebogen in zwei Untersuchungen mit mehr als 13.000 Personen entwickelt und erprobt. Dabei hat sich gezeigt, dass die insgesamt 60 Fragen die folgenden sechs Bereiche von Hochsensibilität abdecken:

1. Der erste Bereich bezieht sich auf Sensibilität für subtile innere und äußere Reize. Innere Reize sind solche, die im eigenen Körper ihren Ursprung haben (z. B.: Ich merke es sofort, wenn mein Mund oder mein Hals trocken wird.). Äußere Reize sind über die Sinnesorgane vermittelt (z. B.: Ich bemerke auch schwache Gerüche schnell.). Es geht hier also darum, wie schnell jemand solche Reize wahrnimmt.

2. Mit dem zweiten Bereich wird die körperliche (physiologische, z. B.: Ich werde nervös, wenn viel auf einmal um mich herum passiert.) und emotionale Reaktivität (z. B.: Ich lasse mich schnell von der Stimmung anderer Menschen anstecken.) abgedeckt. Hier geht es darum, wie intensiv jemand die entsprechenden Reize erlebt.

3. Der dritte Bereich betrifft Unbehagen aufgrund von Sinneseindrücken und -reizen (z.B.: Ich mag keine laute Musik.).

4. Im vierten Bereich geht es dagegen um Wohlbefinden aufgrund von äußeren Eindrücken (z.B.: Es geht mir richtig gut, wenn ich mit Menschen zusammen bin, die ich liebe.).

5. Der fünfte Bereich wird als sozial-affektive Sensitivität bezeichnet. Hier steht das Gespür für Gefühle anderer und soziale Situationen allgemein im Vordergrund (z.B. Im Allgemeinen merke ich es, wenn jemand seine wahren Gefühle mit einem Lächeln überspielt.).

6. Im sechsten Bereich geht es um ästhetische Sensitivität und damit um die Fähigkeit, Kunstwerke aller Art im Detail wahrzunehmen und zu genießen (z.B.: Ein Kunstwerk kann mich tief berühren.).
Was sind die Vorteile des neuen Fragebogens?


Elaine und Arthur Aron haben ihren Fragebogen ganz neu entwickelt. Dabei haben sie nicht berücksichtigt, dass es andere Merkmale gibt, die der Hochsensibilität teilweise ähnlich sind, und für die schon Fragebögen vorliegen.

Véronique de Gucht und ihr Forschungsteam haben auch Fragen aus solchen anderen Forschungsinstrumenten in ihren Fragebogen aufgenommen, die sich schon gut bewährt haben. Das steigert die Qualität des Fragebogens insgesamt.

Der neue Fragebogen berücksichtigt die ‚positiven‘ und die ‚negativen‘ Seiten von Hochsensibilität gleichermaßen.

Dabei entsprechen der erste, zweite und dritte Bereich den eher ‚negativen‘, der vierte, fünfte und sechste Bereich den eher ‚positiven‘ Seiten. Auch sind die Fragen so formuliert, dass sie den fachlichen Anforderungen besser entsprechen. Damit wird der Fragebogen allerdings auch komplexer und ist weniger als Selbsttest geeignet.

Mit Elaine Arons Fragebogen lässt sich nur feststellen, wie wahrscheinlich es ist, dass jemand hochsensibel ist. Mit dem neuen Fragebogen lässt sich für jeden Menschen ein Wert in jedem der sechs Bereiche ermitteln.

So kann man nicht nur sehen, wie wahrscheinlich es ist, dass jemand hochsensibel ist. Sondern man sieht auch, welche Arten der Sensibilität bei einem Menschen besonders ausgeprägt sind und ob die ‚negativen‘ oder die ‚positiven‘ Seiten überwiegen.

Das ist deswegen wichtig, weil Menschen, bei denen die ‚negativen‘ Seiten überwiegen, häufiger über körperliche Symptome (wie Erschöpfung oder Kopfschmerzen) und über psychische Symptome wie Depression berichten. Vermutlich erleben sie im Alltag mehr Stress und haben daher auch ein höheres Risiko für Erkrankungen.

Wenn man das weiß, bevor es zu Erkrankungen gekommen ist, kann man versuchen, durch geeignete Maßnahmen wie Therapie, Achtsamkeitsmeditation, Entspannungsübungen oder Alternativmedizin gegenzusteuern.

Dr. phil.; Dipl. psych. Margrit Schreier, Heilpraktikerin, www.heilpraxis-schreier.de, Netzwerkmitglied für 28717 Bremen (D)

Quellenangabe:
www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/00223891.2022.2032101


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