5 Impulse, wie Hochsensible mehr Ehrlichkeit in ihr Leben bringen
(sgr-194) Vielleicht kennst du den Spruch: „Ehrlich zu sein bedeutet, den Mut zu haben, die Wahrheit zu sagen, auch wenn es unbequem ist.“ Diese Aussage ist zwar für Hochsensible sehr inspirierend, aber aus evolutionärer Sicht ist Ehrlichkeit nicht immer sicher.
Zu viel Ehrlichkeit kann zum Ausschluss aus einer Gruppe führen, was in sozialen Beziehungen besonders herausfordernd ist.
Gerade Hochsensible Menschen haben ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Harmonie. Sie spüren die kleinsten Veränderungen in der Stimmung anderer und sind besonders empathisch.
Diese Empfindsamkeit kann jedoch dazu führen, dass sie nicht immer ehrlich sind – teils aus Selbstschutz, teils aus Angst, andere zu verletzen.
In meiner Arbeit mit Hochsensiblen erlebe ich oft, dass sie A sagen, aber B meinen. Sie wollen damit Konflikte vermeiden oder die Gefühle anderer schonen, was jedoch häufig zu Missverständnissen führt.
5 hochsensible Ursachen für zu wenig Ehrlichkeit
Hier sind einige Gründe, warum Hochsensible manchmal unehrlich sind, und wie sie damit umgehen können.
1. Angst vor Konflikten
Hochsensible Menschen haben eine starke Abneigung gegen Konfrontationen.
Ein Beispiel: Du bist in einer Beziehung und dein Partner macht etwas, das dich stört. Anstatt das direkt anzusprechen, lächelst du und tust so, als wäre alles in Ordnung. Warum? Weil du Konflikte vermeiden möchtest.
Dieses Verhalten kann sogar so weit gehen, dass sich Hochsensible ganz zurückziehen.
Bis hin zu Ghosting, bei dem sie den Kontakt komplett abbrechen, um der unangenehmen Situation zu entgehen. Keine gute Lösung.
Impuls:
Frage dich, was der schlimmste Ausgang wäre, wenn du den Konflikt ansprichst.
2. Überforderung mit den Gefühlen anderer
Hochsensible nehmen die Emotionen anderer so stark wahr, dass sie sich oft für das Wohlbefinden ihrer Mitmenschen verantwortlich fühlen. Ein Beispiel aus dem Alltag:
Dein Kollege fragt dich, ob du ihm bei einer Aufgabe helfen kannst. Eigentlich bist du selbst überlastet, aber du fühlst dich schuldig, wenn du ablehnst.
Also sagst du „Ja“, obwohl du im Inneren spürst, dass es dich überfordert.
Hier ist Unehrlichkeit ein Schutzmechanismus, um die Enttäuschung des anderen zu vermeiden – aber du ignorierst deine eigenen Grenzen.
Impuls:
Stelle dir eine virtuelle Trennwand vor, die dich mit deinen Gefühlen von deinen Mitmenschen mit ihren Gefühlen trennt.
3. Selbstschutz
Ehrlichkeit erfordert Mut, weil sie bedeutet, sich verletzlich zu zeigen.
Stell dir vor, du beginnst eine neue Freundschaft und merkst, dass du auf einer tieferen Ebene nicht verbunden bist. Anstatt das offen anzusprechen, ziehst du dich allmählich zurück, um dich vor Verletzungen zu schützen.
Hochsensible vermeiden oft die direkte Konfrontation, um negative Reaktionen zu umgehen.
Sie wollen sich nicht erklären oder riskieren, abgelehnt zu werden.
Impuls:
Verinnerliche den Satz „Ich bin liebenswert, auch wenn ich nicht jedem gerecht werde“
4. Perfektionismus
Ein weiteres Beispiel aus dem Alltag: Du hast eine Aufgabe übernommen, merkst aber, dass du es zeitlich nicht schaffst.
Anstatt offen zuzugeben, dass es zu viel für dich ist, versuchst du dich durchzukämpfen und hältst dein Umfeld im Unklaren.
Hochsensible haben oft hohe Ansprüche an sich selbst und wollen keine Fehler zugeben. Sie fürchten, andere zu enttäuschen oder nicht perfekt zu erscheinen, und entscheiden sich deshalb für den einfacheren Weg: die Wahrheit zu verschweigen.
Impuls:
Gib dir die Erlaubnis, unperfekt zu sein. Es ist in Ordnung, Aufgaben abzugeben oder um Hilfe zu bitten, wenn es zu viel wird.
5. Prägungen aus der Kindheit
Ein entscheidender Grund, warum Hochsensible oft unehrlich sind, liegt in ihrer Kindheit.
Viele Hochsensible haben früh gelernt, ihre Gefühle zu unterdrücken, weil ihre Empfindsamkeit von anderen nicht verstanden oder akzeptiert wurde.
Vielleicht wurden sie in ihrer Familie dazu angehalten, ruhig und unauffällig zu sein, um Konflikte zu vermeiden oder nicht „zu viel“ zu sein. Dieses Muster, sich anzupassen und die eigenen Bedürfnisse zu ignorieren, setzen sie oft auch im Erwachsenenalter fort.
Stell dir vor, ein Kind bekommt immer wieder zu hören: „Sei nicht so empfindlich“ oder „Mach kein Drama“.
Dieses Kind wird lernen, seine wahren Gefühle zu verstecken und sich anzupassen, um nicht negativ aufzufallen.
Solche Prägungen können im Erwachsenenleben dazu führen, dass man sich zurückhält, nicht offen über seine wahren Bedürfnisse spricht und lieber schweigt, als potenziellen Ärger zu riskieren.
Impuls:
Wie kannst du HEUTE den Raum schaffen, um deine echten Bedürfnisse zu äußern?
5 Impulse, wie Hochsensible mehr Ehrlichkeit in ihr Leben bringen
1. Reflektiere deine Bedürfnisse:
Achte bewusst darauf, was du wirklich möchtest, und übe dich darin, das klar zu kommunizieren. Wenn du oft merkst, dass du A sagst, aber B meinst, ist es Zeit, deine inneren Bedürfnisse ernst zu nehmen und ehrlich mit dir selbst zu sein.
2. Konflikte annehmen:
Konflikte sind nicht immer schlecht. Sie bieten die Chance, Missverständnisse aus dem Weg zu räumen und zu wachsen. Trau dich, ehrlich zu sagen, wenn dich etwas stört, auch wenn es unangenehm ist. Übe, in kleinen Schritten Konflikte anzusprechen, bevor sie sich aufstauen.
3. Vertrauen aufbauen:
Gerade Menschen, die dir wirklich nahestehen, können mit deiner Ehrlichkeit umgehen. Oft ist es viel schmerzhafter, die Wahrheit zu verschweigen oder sich zurückzuziehen, als offen über Probleme zu sprechen. Vertraue darauf, dass ehrliche Kommunikation deine Beziehungen vertiefen kann.
4. Sei sanft mit dir selbst:
Hochsensible neigen dazu, sich selbst stark zu kritisieren. Akzeptiere, dass du nicht perfekt sein musst und dass es in Ordnung ist, auch mal Fehler zu machen. Ehrlichkeit beginnt mit Selbstakzeptanz – erst wenn du dir erlaubst, ehrlich zu dir selbst zu sein, wirst du es auch mit anderen sein können.
5. Gib dir Zeit:
Veränderungen brauchen Zeit. Sei geduldig mit dir selbst, während du an deiner Kommunikation und deinem Umgang mit Gefühlen arbeitest. Nimm dir die nötige Zeit, um neue Verhaltensweisen zu üben und in dein Leben zu integrieren.
Schlussanmerkung
Ehrlichkeit ist für Hochsensible der Schlüssel zu authentischen Beziehungen – sowohl zu anderen als auch zu dir selbst. Als hochsensibler Mensch mag es herausfordernd sein, offen über deine Gefühle zu sprechen, doch nur so kannst du Missverständnisse vermeiden und echte Verbindungen aufbauen.
Trau dich, deine Bedürfnisse klar zu kommunizieren und schrittweise deine innere Stärke zu entfalten.
Ehrlichkeit bringt dich nicht nur näher zu anderen, sondern vor allem zu dir selbst. Falls du es nicht allein schaffst, scheue dich nicht davor, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Silvio Grätz, systemischer Coach, www.silviograetz.de, Netzwerkmitglied für 32756 Detmold (D).
Vielen Dank für diesen Beitrag!
Es hat bei mir sehr lange gedauert, zu verstehen, dass hochsensibel zu sein mehr bedeutet, als sich einfach zu sagen, „Ja, du bist halt etwas empfindlich.“ Ich habe diese Seite meiner Persönlichkeit jahrelang ignoriert und nicht wirklich ernst genommen, was mich schließlich in große Schwierigkeiten gebracht hat. Erst als diese Probleme unübersehbar wurden, begann ich, genauer hinzuschauen und mich selbst mit meiner Sensibilität anzunehmen. Jetzt lerne ich Schritt für Schritt, mir ein Umfeld zu schaffen, das besser zu mir passt und in dem ich mich wohlfühlen kann. Danke für die Inspiration und die wertvollen Denkanstöße!
Liebe Grüsse Bianca